Von fliegenden „Hornträgern“ – Das Widderchen
In den Naturparken des Wienerwaldes haben Sie im Hochsommer gute Chancen, die „Widderchen“, im Volksmund auch „Blutströpfchen“ genannt, zu treffen.
Die meisten dieser in Mitteleuropa vorkommenden Nachtfalter-Arten haben schwarze Flügel mit einer unterschiedlichen Anzahl an rot gefärbten Flecken, daher der Name Blutströpfchen. Der Name „Widderchen“ leitet sich von der Form der Fühler ab. Diese sind keulenförmig und leicht geschwungen, wodurch sie an Widder-Hörner erinnern. Machen Sie sich auf die Suche und schauen Sie sich das einmal bewusst an!
Seid gewarnt!
Widderchen enthalten eine giftige, blausäure-ähnliche Substanz und sind daher für ihre Fressfeinde ungenießbar. Diese Giftigkeit signalisieren sie mit grellen Warnfarben, der sogenannten „Warntracht“. Erwachsene Falter sind meistens rot-schwarz gefärbt, die Raupen haben bei vielen Arten eine gelb-schwarz Zeichnung. Warnfärbung ist das Gegenteil von Tarnung und signalisiert Fressfeinden vorsorglich: „Fernhalten! Als Beute ungeeignet!“. „Warntrachten“ tragen bei uns neben den Widderchen auch einige Schmetterlingsraupen und Amphibien wie Feuersalamander oder Gelbbauchunke.
Lieblingsfarbe Violett
Widderchen gehören zwar zu den Nachtfaltern, sind aber tagaktiv. Die erwachsenen Tiere sitzen gerne am späten Nachmittag in kleinen Gruppen auf violetten Blüten und saugen Nektar. Ihre Lieblingsplätze sind entweder trockene Rasen mit Witwenblumen, Tauben-Skabiosen oder Disteln, oder auch nasses Grünland und feuchte Waldlichtungen mit Kratzdisteln. Sollten ihre Lieblingspflanzen fehlen, sind sie jedoch nicht wählerisch und besuchen andere. Die Raupen der einzelnen Widderchen-Arten sind bei der Wahl ihrer Nahrung hingegen sehr anspruchsvoll und oft auf eine einzige Pflanzenart spezialisiert, z.B. auf die Blätter von Schlehe, Pflaume, Marille, Flockenblume, Ampfer, Thymian oder Hornklee.
SOS!
In Mitteleuropa gelten nahezu alle Widderchen mittlerweile als gefährdet. Sie sind sehr standorttreu und zahlenmäßig gut zu erfassen, wodurch sie sich hervorragend als „Zeiger“ für den ökologischen Zustand eines Gebietes eignen. Flächen, auf denen sie schon über Jahre in gleicher Anzahl leben, gelten als ökologisch intakt. Traditionelle Landwirtschaft und die Bewahrung blumenreicher Gehölzstreifen an Feld- und Ackerrändern sind das Um und Auf für die Widderchen. Oft reichen schon schmale, einmalig gemähte Wegränder und Böschungen. Wer blütenreiche feuchte Wiesen, Magerrasen oder Hecken erhält, sichert nicht nur den Widderchen, sondern auch einer Vielzahl anderer Tierarten das Überleben.